18.6.11

rüm hart - klaar kimming.

Müde bin ich. Keine zwölf Stunden ist es nun her, dass ich wieder zurück bin. Von dieser Insel, die ihrem Ruf so gerecht wird, wie man es kaum erahnen kann, und die so schön ist, dass man es sich kaum vorstellen kann.
Ich war spät dran. Also noch schnell aufs Feld einen Salat holen und dann ab auf die Autobahn. Geschätzte sieben Stunden plus ein kurzes Mittagessen in Hamburg mit dem guten Andre lagen vor mir. Wir sehen uns schließlich selten genug. Kurz vor Hamburg dann ein Geräusch, dass mich aus meinen Gedanken, die gerade zwischen Vorfreude und noch immer ein bisschen Skepsis hingen, riss. Ich ahnte es schon und die sehr nett gemeinte Lichthupe hinter mir setzte ein Ausrufezeichen hinter meine Befürchtung. Platt. Hinten links. Noch 1500 Meter bis zum Rastplatz. Gut. Also erst mal Andre anrufen. Kleine Planänderung wegen Mittagessen. Soll ich vorbeikommen, ich hab Werkzeug. Wenn das passt, wäre das super. Irgendwann kam dann auch der nette Mann vom ADAC mit BMW, Werkzeug, schönem Anzug und jeder Menge Freundschaft. Mittagessen in Hamburg war dann nicht mehr, da Andre nun schnell zum nächsten Termin nach Flensburg musste. Die Richtung stimmte und so verbrachte ich noch eine nette Stunde mit auf Andre warten am Sonwik Yachthafen in Flensburg, einem mittelmäßigem Milchkaffee und dem Genuss an der Ostsee zu schnuppern. Das gemeinsame Essen war wirklich schön. Schade, dass wir 600 Kilometer von zuhause weg sein müssen, um das mal wieder haben zu können. Irgendwann fallen wir um und haben uns viel zu lange nicht mehr gesehen. Es folgt der Abschied und es kommt der Autozug. Die Überfahrt ist wirklich schön. Sonne rot. Himmel Gold. Links und rechts Schafe und Galloway- Rinder. Ich freue mich über den Bau einer riesigen Solaranlage neben dem Hindenburgdamm. Gute Sache. Weniger gut: Die vier jungen Männer mit hochgeklappten Polohemdkragen, die mich mit lautstarkem Kirmestechno aus ihrem riesigen SUV verwöhnen. Macht aber nichts. Angekommen dann ein bisschen rumfahren und ein paar Unklarheiten in Sachen Wohnort klären. Schön, dieses Kampen. Dieser berühmte Ort der schön Blöden und Reichen. Reetdächer all over und eine nette Lichtstimmung. Wie schön Dani wieder zu sehen. Auf geht es in die Sturmhaube. Eine Scheibe Lachs mit Obst von der Vorspeisenkarte - 16 Euro. Dafür ein toller Blick in den Sonnenuntergang und lecker. Später fuhren wir dann ins Pub nach Westerland. Nach kurzer Zeit kam dann auch schon Danis Kollegin Andrea, die in ihrer Sprache und ihrem Humor kaum gängmäßiger sein könnte. Verrückt war das. Sehr nett war auch Stefan, Andreas Freund mit gewinnendem Gewinnerlächeln. Endlich normale Leute. Wir machten nicht nur Bekanntschaft mit einer halsbrecherischen Melonenbowle, sondern auch mit einer sehr merkwürdigen Inge, die mal nach Sylt kam, um eine Lehre als Köchin zu machen, diese aber nicht packte und nun hinter der Theke einer Oben-Ohne-Bar arbeitet. Hauptsache Sylt - schätzte ich. Die Zeit flog uns dann Richtung Bett. Der nächste Tag begann mit einem Besuch der Wattseite Kampens. Schöner hätte es nicht sein dürfen. Ich stand da - vor lauter Himmel. Fritz Wichert schrieb einmal: „Hier ist es so schön, dass man nicht weiß, wo man sich lassen soll. Das Wattenmeer ist lieblich blau, der Himmel wie eine irisierende Kuppel aus Kristall.“ Ich habe es gesehen, ich habe die Sonne auf meiner Haut und das Salz auf meinen Lippen gespürt. Ich habe den leichten Wind von der Seeseite im Nacken gehabt. Ich hatte einen guten Freund an meiner Seite und keine Kamera der Welt wäre in der Lage, diesen Vormittag einzufangen. Wir spazierten zur Kupferkanne, einem schönem Cafe - innen wie außen. Der Kuchen war lecker und der Kaffee noch besser. Da Spaß auf Sylt nun mal Geld kostet, waren die nächsten 17 Euro im schwarzen Loch verschwunden. Nun auf zum Campingplatz, die letzten Unklarheiten konnten für immer geklärt werden und Dani wird meine Stornogebühren durch einen Kaffee mit dem Campinglatztyp zahlen müssen. Aua. Ich freute mich, alles geklärt zu haben. Du weißt, was ich meine. Dani zeigte mir ihren schönen Arbeitsplatz. Wie toll es sein muss, jeden Tag durch die Dünen am Roten Kliff zur Arbeit zu gehen, kann ich allenfalls erahnen. Du arbeitest dich in den Sonnenuntergang. Ich gönne es dir. Wir fuhren ins schöne Keitum. Reetdächer auf diesmal weißen Häusern, wirklich schön. Das grüne Vergessen, nannte Max Frisch den Weg entlang der Küste hier. Vor der Kirche saß der Tod selbst, der überraschend da sitzt, sobald man das Kirchengelände betritt. Spooky und einen Besuch wert. Wir suchten die Sansibar. Wie gut es war, sie an diesem Tag nicht zu finden, sollte ich erst am Folgenden begreifen. Wir entschlossen uns für einen Abend bei Dani mit abhängen, leckerem Salat und früh schlafen gehen. Unverhofft kommt bekannter Maßen oft. In diesem Fall in Form von Hilke, die Danis Namen unten vor dem Haus stehend rief, als wir gerade im Begriff waren zu schlafen. Sie kam hoch, um uns spontan zu einer Party an einer Bushalte mitzunehmen. Wir rechneten mit einer kleinen Party, erwarteten nichts und bekamen alles. Die Fahrt war gesäumt von einer netten Plauderei. Hilke ist eine waschechte Friesin, durch und durch und einfach wahnsinnig nett. Es ging eine alte Betonstraße entlang, mitten durch die vom Vollmond beschienenen Dünen. Es wirkte wie die Fahrt zu einem anderen Planeten. Dies sollte sich bewahrheiten. Mitten im Nichts aus Dünen und Dunkelheit standen 300 Leute um eine Bushaltestelle, in die Bambus Klaus vor 25 Jahren eine Theke zimmerte und dort seither im Alleingang tagsüber Kaffee verkauft. Kommt der Bus, werden die Stühle auf Seite geräumt. Bei Vollmond geschieht dann immer das Unglaubliche. Unser Ziel war schnell und viel. Schäpp jet op. Mir drinke op uns zwei. Wir stellten uns ab und redeten über Freunde, Freundschaft, die Zukunft und all den anderen Kram und hatten unsere Freude daran. Ich musste an Düvel von Köster und Hocker denken. Irgendwann wurden wir von einer Stimme unterbrochen, die man leicht mit der Dieter Bohlens hätte verwechseln können. Noch etwas Geduld Leude, es dauert noch 5 Minuuden. Geht gleich lous. Was denn eigentlich, fragten wir uns. Gerade als ich in der Bushaltestelle stand hörte die Musik auf und alle jubelten über mich weg. Es war unfassbar. Bambus Klaus stand plötzlich auf dem Dach und gab ein Konzert seiner Inselhits. Wir lachten Tränen und feierten den Typ total ab, der einmal monatlich eine Party veranstaltet, nur um ein Publikum zu haben, vor dem er singen kann. Der Typ zieht sein Ding mal sowas von durch. Ich habe da größten Respekt vor. Es ging irgendwann zurück. Wir lachten uns in den Schlaf.
Am nächsten Morgen fuhren wir zur Vogelkoje, die schön angelegt ist. Mit Wald und Teich am Meer. Eigentlich handelt es sich um ein Enten- KZ, in dem früher einmal Wildenten gefangen und geschlachtet wurden. Im erfolgreichsten Jahr 25.000. Krasse Sache. Dann schöner Ausblick vom Deich. Müde. Müde war ich. Weiter ging es nach List, Sylts Chorweiler. Gosch sitzt hier. Eine Ansammlung von Designeroutles und einer Art überdimensionierten Nordseerestaurants. Die Gäste, die hier zu hunderten stehen, sitzen , fressen scheinen sich wohl zu fühlen, trotz diverser Unfreundlichkeiten des Personals. Wir haben schnell genug davon und verschwinden. Auf geht es zur Sansibar – DEM Inladen auf Sylt. Ständig sieht man Menschen, die mit Sansibarpolohemden für 120 Euro rum laufen – der Arbeitskleidung des Personals - und sich kein bisschen doof vorkommen. Auf dem Parkplatz der Erste unfreundliche Insulaner in Form eines lebenden Parkscheinautomaten. Mein Auto ist das kleinste hier. Wir entscheiden uns aus Gehirngründen gegen den Shuttlebus, der die Gäste die 200 Meter vom Parkplatz zum Laden auf die Düne fährt. Es ist schlimmer als ich dachte. Planet der Affen. Hauptstadt. Menschen mit 300 Euro Hosen und 150 Euro Polos sitzen auf einer Holztreppe, weil kein Sitzplatz mehr frei ist, essen überteuertes Essen aus einer großen Pommesbude und trinken Wein, der gerne mal ein paar hundert oder 4000 Euro kostet. Mir ist klar, dass die das völlig ernst meinen. Die wollen das so. Die kommen sich dabei nicht doof vor. Die schämen sich nicht. Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Erinnere ich mich aus der Dreigroschenoper. Mir schlägt das alles, gepaart mit einem riesen Haufen Müdigkeit, voll ins Gesicht. Schlechte Laune. So sehr, dass ich irgendwann selbst darüber lachen muss. Wir fahren heim. Erstmal schlafen, dann wieder besser gelaunt sein. Später gemeinsam lesen. Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel. Irgendwann. Für den nächsten Tag ist Regen angesagt. Nichts da. Sonnenschein pur. Ich packe. Dann nach Westerland in einen Strandkorb. Vorher lasse ich mir noch meinen Crêpe von einer Möwe aus der Hand klauen. Fieser Möpp. Hoffentlich hat er dir so gut geschmeckt, wie mir vorher. Sonst wäre es schade drum. Lesen im Strandkorb. Tolle Erfindung. Dann Verabschiedung und auf ein Wiedersehen. Bald. Die Fahrt mit dem Autozug zieht sich diesmal - mit Warten und auf der Strecke stehen bleiben - fast 2 Stunden. Nicht schön. Vom Zug runter. Kreisverkehr. Erste Ausfahrt: „Autobahn“. Zweite Ausfahrt: „Autozug Sylt“. Eine kurze Überlegung. Ein Schmunzeln. Ein Kopfschütteln. Ein Lachen nur für mich selbst. Vor dem Elbtunnel - Natürlich Stau. Dann Bleifuß. Ich will ankommen. Irgendwann ein Anruf von Sabine, die mir die Zeit während der Fahrt vertreiben möchte, was ihr gelingt. Das war ein schönes Gespräch und eine bezaubernde Geste an sich. Demnächst fahren wir gemeinsam und ich freue mich sehr darauf.
Auf der Rückseite eines Buches habe ich gelesen, dass alle Menschen von der schönen Landschaft und dem Meer reden, wenn sie über Sylt sprechen, aber dass das eigentlich faszinierende die Menschen seien. Wer auch immer das sagte, ich glaube das er recht hat. Auf der Friesenflagge steht „rüm hart - klaar kiming“, was weites Herz - klarer Horizont bedeutet. Und nichts könnte passender sein, für die Menschen, die mich durch die letzten Tage begleiteten. Ich werde schon bald wieder kommen. Und ich freue mich schon jetzt wahnsinnig.
Eigentlich wollte ich einen Reisebericht schreiben. Nun möchte ich ein Hohelied schreiben. Auf die Menschen und auf die Freundschaft.

14.3.10

Hostel, David Lynch und Seasons.




Die Fahnen des öfter mal was Neues ausprobieren wehten im Wind. Also machten wir uns auf in den Weltempfänger. Es scheint ungewöhnlich zu sein, dass dort eine Gruppe einen ganzen Abend verbringt. Der Charme schreitdurch und durch nette Hostelbar. Es ist, was es ist. Da gibt es nichts zu sagen. Der Kellner war nett und mit sich leerender Akrobatflasche wohl auch ein bisschen geduldig. Ein schöner Abend im Blitzgewitter mit schönen Menschen.
Der nächste Tag zeigte, was für eine Wunderwaffe Akrobat doch ist. So ging es ohne Kopf und fast pünktlich zum Treffpunkt mit S.E.K. und dann zum Max Ernst Museum in Brühl.
Eine schöne Lage hat es. Das Brühler Schloss ist bei schönem Wetter bestimmt noch schöner anzusehen. Max Ernst ihm seine Kunst ist sicherlich bedeutend. Mir fehlt da aber, wie man so schön sagt, der richtige Zugang. Die vielen Bronzearbeiten sind teilweise schön anzusehen, ist meine professionelle Bewertung.
Der eigentliche Grund für diesen von langer Hand geplanten und herbeigesehnten Ausflug war aber die (Trommelwirbel) David Lynch Ausstellung. Leider gab es heute keine Kurzfilme zu sehen. Die Bilder, Fotos und der ganze andere Kram waren wunderbar anzuschauen. Wunderbar schaurig, schön dunkel und oft mit einem Hauch von Humor, der einem zwischen Mord, Schwarz und düsteren Tönen ein Lächeln abringt. Die Ausstellung wurde verlängert und geht nun noch bis Mitte April. Ich würde glatt nochmal hingehen, wenn ich wieder so eine kompetente Kunstausstellungsbegleitung dabei habe. "Ich will nicht zu viele Worte darüber verlieren – wenn man nicht gerade ein Dichter ist, werden die Dinge oft kleiner, wenn man über sie spricht",sagte Lynch. Ich gebe ihm recht und verbleibe mit Begeisterung im Kopf und dem Ausstellungskatalog im Regal. Der übrigens auch sehr zu empfehlen ist.
Im Anschluss ging es noch ins Seasons, dass einen nicht unbedeutenden Platz in der Brühler Gastroszene zu haben scheint. Moderne, internationale Küche verbindet sich mit holländischen Klassikern und leider auch mit der üblichen TexMex-Küche. Die Bedienung war nett, guckte aber lieber in den Fernseher, als auf die Bedürfnisse ihrer Gäste. Wir fanden es nicht weiter schlimm und ließen diesen schönen Ausflug in die Kulturstadt Brühl bei leckerem Essen und gut temperierten Getränken ausklingen.

28.2.10

Von Fotos und Umzügen

Wie hieß das noch mal? Achja, dreadblogg hieß das. Wunderbar. Was einmal als eine sinnfreie Dokumentation über die Entstehung meiner Dreads gedacht war, ist allmählich ganz und gar eingeschlafen. Wie schade. Das viel mir ein, als ich vorhin ausstieg. Aus dem Alltag? Aus meinem Auto. In Nippes, beim dem Andre ihm seinen Umzug. Schon wieder? Ja, schon wieder. Hat er sich auch verdient. I Love Born, don´t call it Remscheid muss jetzt ohne ihn auskommen, dafür darf sich Dani auf ihn freuen. Und er auf sie. Und das ist schön.
Nicht schön. Die Zülle. Gestern und wahrscheinlich auch immer. Man trank, weil man trank. Die Begleitungen waren reizend. Wie immer. Die Geschichten aus Neuem und Altem waren erfrischend, charmant und witzig. Es mag an gestiegenen Ansprüchen liegen. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Esprit, Hausschnaps, gute Bedienung? Aber nicht doch. Deutschtümelei, Inkompetenz, schlechte Musik? Im Überfluss.
Wie treffend, dass mir beim durchblättern alter CDs der „Verkackte Abend Sampler“ kürzlich durch die Finger glitt. Erinnerst du dich? Ich tue es. Jeden Falls.
Um noch mal auf die Sonnenseite des Lebens zurück zu kommen. Sonne und Lomografie sind gute Freunde, wie ich gestern feststellte. Holga mag Sonnenschein und den Blick auf das linke Rheinufer mag er auch, in dieser Hinsicht sind wir uns erschreckend ähnlich. Was sagte Jim Rakete noch gleich?
"Was ich Fotografie nenne, die Wahrheitsfindung mit Linsen und Kamera, ist altmodisch und stirbt durch die digitale Technik." - - - „Lösch das Bild.“ Es ist übrigens gut geworden.
Nicht gut hingegen ist es im Cafe Rosenzeit in Mülheim. Aber dazu demnächst mehr, wenn das neue Gastroblog steht. Wo denn? Das weiß ich eben noch nicht.
Was soll denn eigentlich dieser ganze Quatsch? Quatsch, but alive. Endlich wieder auch hier. Bald gibt es bestimmt wieder mehr. Mehr zum Lesen, mehr zum Schmunzeln, mehr zum Ärgern und zum Lachen. Mehr Worte, mehr Leben, mehr Mich.

25.5.09

31.5.08

Die Rückkehr eures großen Wir-Gefühls

Jetzt ist es wieder soweit. Wir spielen bald Fußball. Wir werden auf dem Rasen stehen und gegen andere Länder Fußball spielen. Und wir werden uns zu jubeln und wir werden stolz auf die sportlichen Leistungen jedes einzelnen deutschen Bundesbürgers in diesen Tagen sein. Und wenn wir nicht so erfolgreich sein sollten, haben wir immer noch unser großes Wir-Gefühl. Wir sind Deutschland und auch DU bist Deutschland, mein Freund .In diesen Tagen des überschwänglichen Patriotismus werden wir auch ganz bestimmt nicht vergessen, dass wir vor nicht allzu langer Zeit 6.300.000 Juden umgebracht und einen Weltkrieg mit 50.000.000 Toten auf dem Gewissen haben. Wir dürfen jetzt endlich mal wieder stolz sein auf unser Deutschland. Wir dürfen uns wieder in schwarz-rot-gold hüllen, unsere Autos mit Fähnchen schmücken und Stolz darauf sein, dass wir letztes Jahr 17.607 rechtsextremistische Straftaten verübt haben. Wir dürfen stolz auf unsere dramatische Zahl von Armen sein. Wir können stolz auf unseren Brandanschlag in Solingen vor ziemlich genau 15 Jahren sein und darauf, dass immer weniger Asylsuchende überhaupt erst nach Deutschland kommen. Wir können auch stolz auf unsere Konzerne sein, die nun wieder mit schwarz-rot-goldenen Produkten auf Kundenfang gehen. Wir können auch stolz darauf sein, dass die Zahl der rechtsextremen Straftaten im Jahr der vergangenen Fußballweltmeisterschaft ein nie zuvor da gewesenes Hoch erreichte.
Max Horkheimer sagte einst treffend: "Der Patriotismus in Deutschland ist so furchtbar, weil er grundlos ist." Jules Renard brachte es, wie so häufig, auf den Punkt: Zuletzt steckt in jedem Patriotismus der Krieg, und deshalb bin ich kein Patriot.
Ich für meinen Teil möchte das alles gar nicht haben. Ich möchte auch nicht, dass es ein Wir- Gefühl zwischen mir und euch gibt. Ich möchte nicht stolz auf Deutschland sein. Ich möchte die Sachen, die in Deutschland gut laufen, nicht schlecht reden. Zum Beispiel bin ich großer Freund von 24-Stunden-Tankstellen und die steigenden Benzinpreise mag ich auch. Ich möchte aber auch nicht über Vergangenes und die Gegenwart hinweg sehen. Für einen Stolz auf Deutschland wäre ich weder stark genug, noch würden meine sonst durchaus erprobten Verdrängungsmechanismen greifen. Wenn ich mich verantwortlich für die Ergebnisse eines Fußball-Länderspiels fühlen würde, müsste ich mich zugleich verantwortlich für die Scheußlichkeiten dieses Landes fühlen. Und daran würde mein Gewissen und ich untrüglich zerbrechen.

12.5.08

zurück ins paradies - mallo 2008

Wie war das noch mal? Die Vorfreude war jedenfalls riesengroß! Am Tag zuvor kauften Max und der Schreibende schon mal die Überlebensnotwendigkeiten für eine gute Zeit. Dazu gehörten weiße Tennissocken, Funkgeräte und Aufklebetattoos.
Am Freitag war es dann endlich soweit: Treffpunkt Burger King am Airport Köln/Bonn.
Man aß und trank und unterhielt sich, die Wertschätzung war gegenseitig. Dann ging es noch mal auf Shoppingtour. Ich wusste gar nicht, dass es mittlerweile so viele Jugendzeitschriften gibt. Wir deckten uns ein und freuten uns über tolle Gimmicks wie unser viel genutztes Tagebuch und die Silberringe, von denen es wohl keinen mehr gibt.
Im Flugzeug stellten wir dann schnell entgegen unserer Erwartungen fest, dass wir die wohl lautesten Menschen dieses Fluges werden würden. Unsere Sitznachbarn kamen auf Ihre kosten, ohne dass es auf unsere Kosten ging. Gelandet hinderte uns nur ein bisschen Verlegenheit daran, sofort auf den Boden zu sinken und Ihn zu Küssen.
Gegen den Flughafen in Palma wirkt der in Köln wie eine Dorfdisco. Hier sahen wir dann zum ersten Mal richtige Ballermanntouristen. Endlich normale Leute.
Schon jetzt zeigte sich, dass wir echte Glücksritter sind: Wir mussten unter uns nur aus Scherz sagen, dass wir am liebsten ein goldenes Auto hätten. Ratet mal..!
Unser Auto hieß Citroen Berlingo, war gold und das beste Auto am Platz aller Orten. Der Tank war voll und sollte leer zurückgegeben werden, die Reifen waren versichert. Kenner wissen, was das bedeutet. Schon nach den ersten Kilometern stellte sich Mallo als eine zauberhafte, wunderschöne Insel des Glücks heraus. Der Alltag blieb im Flugzeug und flog mit den nächsten Passagieren zurück nach Köln. Alles war vergessen, was uns hätte beschweren können.
Nach einer Stunde fahren durch nie gesehene Landschaften, lachen, burnouten, fremde Menschen grüßen und hupen waren wir dann da. Calas de Mallorca. Eine Schatz aus den Zeiten mallorquinischer Bausünden der 70er Jahre. Innerhalb der ganzen Woche sahen wir hier kein einziges „natürliches“ Haus. Wir gingen erstmal ins Zentrum und deckten uns mit Lebensmitteln und Co ein. Das in solchen Orten Touris abgezogen werden ist nicht unüblich aber auf jeden Fall uncool und gibt schlechtes Karma. Dann zum Strand, der nicht voll, dafür aber schön war. Dann zum Vermieter, der nicht da war. Nach ein bisschen telefonieren kam dann ein netter Spanier, der uns mal eben die Schlüssel gab und erklärte, dass er eigentlich keine Ahnung habe und wir den Papierkram und das Bezahlen der Kaution ja auch noch nächste Woche machen können. Adios Deutschland, willkommen in Spanien.
Die Wohnung war groß, großartig und ließ uns die Hässlichkeit des Ortes schnell vergessen. Vom Balkon aus konnte man nicht nur das Meer sehen. Es kehrte auch für kurze Zeit ein bisschen Deutschland zurück, indem uns direkt nach unserer Ankunft eine nette ältere Dame aus Deutschland darauf hinwies, dass wir bitte die Sitzmöbel mit Rücksicht auf die Nachbarschaft immer zum verrücken hochheben mögen. Peng. Naja, sie sollten uns sowieso noch hassen lernen. Dann wurde leckerst abgekocht, die ersten Einliterflaschen San Miquel geöffnet und die Niveaukurve herabgestiegen. Sabine, Maike, Max und Jörg sollte es nunmehr nicht mehr geben. Die Funkfüchse hatten Ihre eigenen Rufnamen: Step up, Rock, LP und Hot waren geboren und unglaublich laut. Das Funken auf einen Meter Entfernung war absolut notwendig. Dann lernten wir noch nette Pubbesitzer und ihren Hund Murphy kennen. Ich glaube, wirklich nette Leute. Am nächsten Tag ging es dann nach Manacor und etwas einkaufen. Ein überdurchschnittlich gutes Schnellrestaurant mit wirklich mehr als fairen Preisen fanden wir im ortsansässigen hipermercado. Außerdem tolle Salami, Doraden und Inselorangen für 50 Cent pro Kilo, was für uns kannenweise leckeren Saft bedeutete. Abends gab es dann Grilldoraden und gute Laune. Sonntag sollte dann die Nacht der Nächte sein: Ein Abend in S`Arenal. Leider fuhr kein Bus, so dass Step up sich an Steuer setzte und Rock sich ins Nirwana steuerte. Zunächst entdeckten wir Palma als eine wunderschöne Stadt. Wir kletterten hoch zum Castell de Bellver von wo aus man die ganze Stadt sehen kann. Eine tolle Sache. Dann war es so weit. Der Ballermann hatte schon zu und war somit enttäuschend. Also was essen und dann ging es in den Megapark. Nein, wir liefen ein. Man machte Fotos von Jürgen Drews und sah Willi Herren und die Autohändler, der Rest möchte unerwähnt bleiben. Nur so viel sei euch zarten, jungfräulichen Seelen verraten: Wir waren im Zentrum der Hauptstadt der Asozialität, wir überlebten den Vorhof zur Hölle und haben die Unschuld kotzen sehen. Ein Dialog, der das Konzept dieses E-Werk großen Biergartens beschreiben könnte: Kellner: „Was wollt ihr trinken?“ LP: „Drei Sangria, bitte.“ Kellner: „Wie drei Sangria!? Ein, drei oder fünf Liter?“
Der nächste Tag fing langsam mit einem tollen Frühstück dank bester Zutaten an. Dann wurde am Strand gegrillt bzw. weitere 13 Kilo Orangen gekauft. Der Tag war schön und ruhig. Am Dienstag gab es dann großen Grund zur Traurigkeit, denn Rock musste ihren Heimflug antreten. Wir machten uns früh auf den Weg nach Palma und konnten so vor dem Abschied noch eine ganze Weile zusammen am Yachthafen abhängen. Dann ließ sich die Zeit nicht mehr weiter aufhalten und es ging zum Flughafen. Auch mir war es eine Ehre mit Ihnen zu pumpen und zu funken, Frau B. Du kannst beides ziemlich gut.
Nach dem Abschied ging es dann nach Palma. Eine wundervolle Stadt mit zu vielen Touristen. Hinter dem Parlament auf der oberen Seite findet der Gast ein nettes Restaurant. Ich empfehle ein Gericht mit Gambas, da kann man auf ner Mittelmeerinsel auf keinen Fall was falsch machen. Wenn man als Deutsche eine Eisdiele namens Iceberg aufmacht, ist dass ja schön und gut. Man kann aber auch viel falsch machen. Zum Beispiel, wenn man seinen Kunden „Eine schöne Eiszeit!“ wünscht. Das ist weder innovativ, noch persönlich.
Aber das Eis war trotzdem lecker. Dann wurde LP müde und wir machten uns auf den Heimweg. Am Mittwoch fuhren wir dann nach Alcudia. Kurz vor Alcudia schlängelt sich ein sehr krasser Touriort die Hauptstraße entlang. 5 Kilometer, 4 Burger Kings und 8 Sparmärkte, krass. In Alcudia ist davon rein gar nichts zu spüren. Eine alte Stadtmauer umgibt diesen reizenden Ort. Man kann auf ihr spazieren und von da aus tolle, kleine Gartenparadiese sehen. Dreht man sich um, sieht man ein beeindruckendes Bergpanorama. Im ganzen Ort ist nichts von Massentourismus, oder irgendeiner Form von Hektik zu spüren. Das Glück war wieder mal auf unserer Seite und ließ uns den wirklich tollsten Laden der Welt kennen lernen. Das Bistro Bell empfehle ich ab sofort jedem. Ein sehr kleines Bistro, das von vier schrecklich netten Schweden betrieben wird. Das Essen ist wirklich überwältigend und man kommt schnell mit diesen netten Menschen in Gespräche, die über den üblichen Restaurant Smalltalk hinausgehen. Wir waren alle ordentlich verliebt in diesen Laden. Tolle Menschen. Es ging zurück auf unseren Balkon mit schönem Meerblick und dann irgendwann noch ein paar Cocktails trinken. Inzwischen wimmelte es im Ort vor britischen Pauschaltouristen. Diese sah man aber nie vor 0 Uhr, da dann erst die Hotelbars schlossen. Wir hatten unseren Spaß daran, Ihnen beim Ärger mit der Polizei und bei peinlichem Balzverhalten zuzusehen.„I don´t want to fuck you!“ Njaaa.
Am Donnerstag fuhren wir dann in den offiziell schönsten Ort Spaniens, der im Nordwesten in den Bergen liegt. Es ist wirklich ein unbeschreiblich schönes Dorf im Gebirge Sierra de Tramontana. Hier, in Fornalutx, wurde uns dann endgültig klar, wie viel mehr ein Nase rümpfen über einen Mallorcaurlaub über die Rümpfer sagt, als über die Insel. Dann ging es noch nach Port de Soller, was nicht unbedingt eine Reise wert ist. Soller selbst hingegen ist wirklich schön. Es ging zurück nach Calas und es gab wie immer ein perfektes Abendessen am Ende eines wie immer perfekten Tages. Dann brach der letzte Abend an und wir gönnten uns einen Cocktail und gingen ins Bett. Nachts bewunderten wir den starken Wind, der Wolken brachte, die über der Insel aufbrachen und uns einen letzten Tag im Regen bescherten. Am Festland sollte es ein Unwetter geben, von dem wir auf der Insel verschont blieben. Was kümmert mich der Schiffbruch der Welt, ich weiß von nichts als meiner seligen Insel, schrieb Hölderlin. Wir konnten uns die Stimmung nicht vermiesen lassen und freuten uns, dass wir Sonnennomaden morgen schon wieder in der Sonne sein würden. Wir packten, gaben die Schlüssel zurück und begriffen, warum diese nette, ausgewanderte Vermieterin besser nach Spanien passt, als nach Deutschland. Auch am Flughafen erlebten wir wieder spanische Leichtigkeit: „Hola, wir würden gerne das Auto zurück geben!“ – „Hola! Gab es irgendwelche Probleme, oder hatten sie einen Unfall?“ – „Nee, alles war super!“ – „Ok, dann guten Flug! Adios.“ Dann gab es noch ein paar Stunden zu verbringen, so dass wir zielsicher die Flughafenkneipe ansteuerten. Estrella zu sehr guten Konditionen. Es wurde beschlossen, um jeden Preis wieder zu kommen, auf die Insel.
Auf dem Weg durch die Kontrollen zeigte sich dann die internationale Angst vor Terroristen. Jeder zweite musste die Schuhe ausziehen und röntgen lassen. Ein älteres Ehepaar vor uns musste sogar darüber lachen. Man erzählte uns, dass sie früher sogar ohne Ausweis und nur mit Visitenkarte da durch kamen. Naja, so ist das. Im Flugzeug gab es einen sehr netten Steward, der uns wegen Max´ Größe einen Platz mit mehr Beinfreiheit organisierte. Ein sehr netter junger Herr, der irgendwie seine Freude an uns hatte. Ich fand, dass war charmant und beruhte auf Gegenseitigkeit. Dann konnten wir irgendwann Köln bei Nacht und von oben sehen. Auch ein schöner Ort. Wir landeten und freuten uns, dass Jan uns netter Weise abholte.
Schon am Samstagabend dann spürte ich, wie recht Goethe hatte… "Es wandelt niemand ungestraft unter Palmen, und die Gesinnungen ändern sich gewiß in einem Lande, wo Elefanten und Tiger zu Hause sind." Ich will zurück. Ich will zurück auf die Insel. Ich will das Meer sehen. Ich will selbst den größten Prolls durch einen Blick in die Augen ein Lächeln und einen Gruß abgewinnen können. Überhaupt möchte ich, dass mir fremde Menschen in die Augen gucken und lächeln, wenn ich ihnen zufällig in die Augen sehe. Und ich möchte warmes Wetter mit einer Brise vom Meer. Ich möchte frischen Fisch essen und ich möchte einen Orangenbaum im Garten. Ich möchte alte Menschen zusammen in Dörfern sitzen sehen. Ich möchte Supermärkte mit 30 Sorten Salami. Ich möchte ein Gebirge im Hintergrund sehen, egal wo ich bin. Ich möchte die Kaution für eine Wohnung wieder haben, ohne dass sie kontrolliert wurde. Ich möchte hügelige, mit Steinmauern begrenzte, Straßen entlang fahren und dabei nichts sehen, als Orangen- und Zitronenbäume. Ich möchte meinen Oliven beim wachsen zusehen. Ich möchte Knoblauch ohne Ende essen. Ich möchte einen Leihwagen zurückgeben können, wo man sich nur auf mein Wort verlässt, dass alles damit in Ordnung ist. Ich möchte spanisch lernen und ich möchte zurück und ich möchte, dass ihr mitkommt. Und wenn ihr mitkommt, möchte ich nie wieder zurück.
"Reisen ist besonders schön, wenn man nicht weiß, wohin es geht. Aber am allerschönsten ist es, wenn man nicht mehr weiß, woher man kommt."

6.4.08

hallo, liebes tagebuch.


hallo, liebes tagebuch.
heute war ein schöner tag. es hat viel geregnet, das war doof.
aber heute abend bin ich mit sabine und andre nach bensberg ins kino gefahren. da haben wir einen schönen film mit einem elefanten und einem eisbären gesehen. und mit einem löwen, der war böse zu dem kleinen elefanten. wir saßen wieder in der ersten reihe.
dann waren wir noch in einer bar in dellbrück. dort waren viele menschen, die älter als wir waren. und manche haben zu der lateinamerikanischen livemusik getanzt. da hat andre sich am spiegel schön gemacht und am liebsten hätten wir miteinander getanzt. die anderen leute sahen aber homophob aus. deshalb hatten wir angst. auf dem heimweg hat andre mir dann noch eine blume geschenkt. und weil ich die nicht pressen und einkleben kann, hat er sie in den mund genommen und ich durfte ein foto machen. das darf aber niemand sehen, weil sonst jeder weiß, dass wir uns so gerne haben und am liebsten miteinander getanzt hätten.